Drafi Deutscher
"Marmor, Stein und Eisen bricht" – auch noch nach seinem Tode im Juni 2006 wird er mit seinem größten Hit in einem Atemzug genannt: Drafi Deutscher. Doch nicht nur dieser Song stammt aus der Feder des unangepassten Rockstars mit Hut. Als vielseitiges und äußerst umtriebiges musikalisches Allround-Talent komponierte und textete er auch für zahlreiche andere Künstler. Er starb im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines multiplen Organversagens.

Drafi Deutscher kam am 9. Mai 1946 in Berlin zur Welt. Seinen ungarischen Vater , von dem er den Namen Drafi und das musikalische Talent erbte, lernte er nie kennen. In einem schwachen sozialen Umfeld wuchs er bei seiner Großmutter auf, während seine Mutter als Schwesternhelferin den Lebensunterhalt für die Familie verdiente. 

Entdeckt bei einer „Casting-Show“
Drafis musikalische Karriere begann im Alter von 11 Jahren: Bei einem Talentwettbewerb wurde seine Begabung entdeckt, worauf er seine ersten kleinen Fernsehrollen bekam. Im Alter von 12 Jahren lernte er, mit Hilfe seines Jugendfreundes Jörg Tilwitz, das Gitarrenspielen und hatte bereits mit 14 Jahren seine ersten Auftritte vor Publikum. "Ich bin in Berliner Kneipen aufgetreten. Wenn die Polizei kam, versteckte ich mich mit meiner Gitarre unter dem Tresen des Lokals. Ich war gewalttätig und hatte vor nichts Respekt, außer vor meiner Oma Elise, die mich bekochte.“ 

Der Aufstieg…
Mit 17 Jahren war es soweit: Nun konnte er von seiner Musik leben. Pro Auftritt erhielt er ungefähr 30 DM Gage - für damalige Verhältnisse eine Menge Geld. Den ersten Plattenvertrag unterschrieb er 1963 und bekam von Heino Gaze seinen ersten Song auf den Leib geschrieben: „Shake Hands“. Auf der Suche nach der passenden Begleitband stieß Drafi auf vier musizierende Studenten, die Magics. Gemeinsam ging man mit deutschsprachiger Beatmusik auf Tournee. 1965 landeten sie den Top-Hit „Marmor, Stein und Eisen bricht“. Dieser wurde nicht nur hierzulande, sondern auch in den USA – als „Marble breaks and iron bends“ - ein regelrechter Verkaufsschlager. 

…und Fall eines Rockstars
Schließlich hatte der junge Deutscher ein ganzes Dutzend eigener Songs in den Hitparaden. Auf der Höhe seines Erfolgs jedoch erlitt seine Karriere einen Rückschlag. Der rebellische Rockstar geriet mit seinen Eskapaden in die Schlagzeilen. 1966 wurde er als „Sittenstrolch“ beschimpft und zu mehreren Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Grund: Betrunken hatte er sich während einer Party, just in dem Moment, als vier Schulkinder vorbeikamen, aus einem Hotelfenster heraus erleichtert. Doch damit nicht genug: Auch das Finanzamt nahm ihn ins Visier. Infolgedessen mieden ihn jahrelang die Radiostationen und Sendeanstalten. Deutscher ließ sich jedoch nicht unterkriegen; zu dieser Zeit sah man ihn häufiger auf dem Wochenmarkt Stoffe feilbieten und als Discjockey arbeiten, so dass er seine Frau und die Zwillinge eine Zeit lang versorgen konnte. 

Die Rückkehr ins Musik-Business
Nach dem Umzug von Berlin nach München startete Drafi Deutscher seine zweite musikalische Laufbahn – diesmal als Komponist und Songschreiber. Auf diese Weise konnte er unter rund 40 (!) verschiedenen Pseudonymen für verschiedene Künstler wirken, und die Verkaufszahlen litten nicht unter seinem damaligen angekratzten Image. Auch unter eigenem Namen platzierte er Ende der Sechziger einige Hits, doch meistens verbarg er sich hinter Gruppenkreationen wie Popcorn Corners oder Better Side Of Us. 

1972 gründete der von Kindheit an gläubige Künstler die Band Wir und brachte mehrere Schlager mit religiösem Inhalt heraus, z.B. „Die Welt von heut" und „David und Goliath". Mit seinem Soundprojekt Mr. Walkie-Talkie Mitte der Siebziger veröffentlichte und verkaufte er über deutsche Grenzen hinaus zahlreiche Hits („Be my Boogie Woogie Baby"), und mit dem Projekt Baby Champ war der Hit „Monkey Bump" erfolgreich. Etwa zur gleichen Zeit schrieb er für die Gruppe Boney M. den Hit „Belfast", für Bino „Mama Leone" und für Tina Rainford ein ganzes Album – dieses beinhaltete z.B. „Fly Away Pretty Flamingo" und natürlich den US-Smashhit "Silver Bird", welcher von einer Deutschen Sängerin -Tina Rainford- in der "Grand Ole Opery" aufgeführt wurde und von den Amerikanern mit einem Award ausgezeichnet wurde. Dieses hat bis heute kein deutscher Künstler wiederholen können!
Zum besseren Verständnis: Die "Grand ole Opery" ist das höchste Ziel aller Countrysänger(in) und wird teils von diesen gar nicht immer erreicht.

1979 ging er für einige Jahre in die Vereinigten Staaten, wirkte dort an der Bee Gees-LP „Living Eyes" mit und verbrachte längere Zeit in den großen Studios, um später seine eigenen Produktionen verwirklichen zu können. Mit Nino de Angelo produzierte er 1983 den überaus erfolgreichen Ohrwurm „Jenseits von Eden". Auch „Guardian Angel" von Deutschers Formation Masquerade erklang zur selben Zeit häufig im Radio. Letzteres wurde in sage und schreibe 22 Ländern veröffentlicht und landete fast überall einen Nummer-1-Hit. Nach zwei eigenen LPs rief Drafi Deutscher 1986 zusammen mit Oliver Simon Mixed Emotions ins Leben. Bis 1989 folgte ein Hit dem anderen. Als "2 Generations" veröffentlichte er mit dem Lead-Sänger von "Verliebte Jungs" eine Neuaufnahme seines Hits "Guardian Angel".

In die Schlagzeilen geriet er wieder in den Neunzigerjahren durch die Kurzehe mit Isabel Varell, bekannt als Schlagersängerin, Schauspielerin und seit neuestem auch als RTL-Dschungelheldin (“Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“). 1996 gelang Drafi Deutscher ein Comeback mit seinem Album „So viele Fragen" und den daraus ausgekoppelten Hits „Wenn man liebt" sowie „Amen". Bei den beliebten Schlager-Revival-Festivals, die seit einigen Jahren landauf, landab zelebriert werden, ist Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht“ vom Plattenteller – oder gar von Drafi leibhaftig gesungen - noch immer ein echter Gassenhauer. Noch heute verwandelt dieser Hit, rund 40 Jahre nach seinem Erscheinen, wirklich jede Party in ein Tollhaus! 

Gesundheitliche Krise als Neuanfang
1999 wurde bei Drafi Deutscher ein schwerer, offenbar vererbter Diabetes mellitus diagnostiziert, nachdem er einen körperlichen Zusammenbruch erlitten hatte. Deutscher hatte sich einfach zuviel zugemutet: Im vorangegangenen Jahr war er von einem Termin zum nächsten gehetzt, hatte unter anderem sein neues Album produziert, feierte ein erfolgreiches Comeback mit dem Projekt "Mixed Emotions" und sollte überdies noch in einem Tatort auftreten. Zudem kam, dass im Herbst des Jahres 1998 sich der Konkurs seiner Plattenfirma abzeichnete. In Folge dieser stressigen Zeit sowie seinen ungesunden Lebenswandels signalisierte ihm sein Körper: „Bis hierhin und nicht weiter!“ Unter dem Eindruck dieser schweren Krise versuchte er, umsichtiger mit seiner Gesundheit umzugehen. Darum wurde es in letzten Jahren um den Künstler etwas ruhiger. 

Als prominente Persönlichkeit fühlte sich Drafi Deutscher dafür verantwortlich, offen mit seinem Diabetes umzugehen. So ließ er es sich auch nicht nehmen, auf Benefizveranstaltungen, in erster Linie zugunsten von Kindern mit Diabetes, aufzutreten. 

Doch mit ihm selbst ging es zuletzt gesundheitlich rapide bergab. Nachdem er in Folge einer Lungenentzündung in ein künstliches Koma versetzt werden musste, diagnostizierten die Ärzte eine Schädigung der Herzkranzgefäße in Folge eines vermutlichen Infarkts. Als eine der Ursachen für seinen schlechten Gesundheitszustand galt sein hoher Zigarettenkonsum. 

Drafi Deutscher starb in der Universitätsklinik Frankfurt am 9. Juni 2006 im Alter von 60 Jahren an den Folgen der Herzerkrankung. Beigesetzt wurde er unter großer Anteilnahme zahlreicher Kollegen und Fans in seiner Heimatstadt Berlin. 

Quelle:
©Nina Stiller 
http://www.diabetes-world.net/69994/prominente/drafi-deutscher
Korrekturen und Ergänzungen: Büro Drafi Deutscher